Mittwoch, 16. Mai 2007

Junge, Mädchen, Frauen

Man kann ja über das Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit denken was man will, aber ich bin schon ganz froh, dass es die Fotografie gibt. Jetzt mal abgesehen von den unzähligen, hochqualitativen, künstlerisch anspruchsvollen Abbildungen von jungen Menschen in eindeutigen Posen; sie trägt vor allem zur Aufklärung von bestimmten Situationen bei.

Wenn in einer großen, deutschen Zeitschrift für Twens und aufwärts, die sich nach dem zweitleichtesten Edelgas benannt hat, in einer Doppelkolumne die Rede von Frauen ist, die den männlichen Autor anmachen und nach seiner Telefonnummer fragen und darüber ein Foto des besagten Texters abgebildet ist, dann kann man davon ausgehen, dass es sich um Mädchen handelt.

Denn, ganz im Ernst, der abgebildete junge „Mann“ sieht aus, wie die unsportliche Version von Günter Netzer in seiner Zeit bei Mönchengladbach (um ’66). Zwanzigjährige Jungs, die ihre Freundinnen als Frauen bezeichnen, haben ihr entweder ein bis drei Kinder gemacht, ordentlichen Bizeps, einen Bartwuchs wie Salman Rushdie oder einen mächtigen Lümmel in der Hose. Aber kleine Studentinnen, die Xavier Naidoo-Texte mitsingen können, ihr Studium von den lieben Eltern finanziert kriegen oder wissen wie man Schiller richtig zitiert, die sind beim besten Willen keine Frauen.

Und das ist auch absolut OK so! Ich mag kleine Studentinnen. Ich habe keinen drei Kindern das Leben geschenkt, mein Bizeps ist nicht der prächtigste und was den Rest angeht: ich habe einen ganz ordentlichen Bartwuchs. Aber der Mann, der seine Telefonnummer an große, hübsche Frauen verteilt, der bin ich vielleicht in den Augen des achtjährigen Kindes, das mit seiner Mama in der Schlange am Bus steht und sie fragt warum der bärtige Kerl sich immer vordrängelt. Sonst bin ich eher der Junge oder der Typ oder einfach „Der“, der sich bei Mädels oder Miezen oder von mir aus „Ladys“ seine Bestätigung holt.

Ergo: Niemals auf dicke Hose schreiben, wenn über dem Artikel ein Portrait zu sehen ist, wie du mit hängenden Schultern in dein T-Shirt gepresst dein Knabengesicht in die Kamera hältst.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Sehr schön geschrieben :D Ich werd mir unbedingt dieses Bild ansehen müssen!!!

Anonym hat gesagt…

das mit dem lümmel würd' ich gerne noch genauer wissen…

lizzz hat gesagt…

Wo ist das Bild von dem? Den will ich kennenlernen. Ernsthaft jetzt: könnte man nicht, in einem nachsichtigen Moment, den Willen des besagten Texters zu einer gewissen beziehungsmäßig angestrebten Ernsthaftigkeit hervorheben? Er nennt seine biersaufenden Erstsemester-Schlampen "Frauen"...das ist doch irgendwie süß. So a la "Ich bin jetzt bereit für was Festes und nenne deshalb meine Mädchen ab jetzt "Frauen". Könnt Ihr mir folgen?

Schlecht allerdings: sich selbst darüber auslassen, wie man Telefonnnummern zugesteckt bekommt. Schlechter Stil, das. Doch nicht kennenlernen.